Willkommen auf meiner Website
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1933

 

hat »der Nationalsozialismus in der Demokratie mit der Demokratie die Demokratie besiegt.« So Hitler im Originalton.

Heute im Jahr 2024 ist die Demokratie in Deutschland und vielen anderen Staaten der Welt wieder bedroht und von populistischen Ideologien durchsetzt oder hat sich bereits hin zu illiberalen, autokratisch-populistischen und faschistischen Staatsformen entwickelt.

Es ist Zeit die Demokratie neu mit Leben zu füllen.
Lesen sie dazu mein Buch: DEMOKRATIE LEBEN!

und meinen aktuellen Essay in der Rubrik 'Essays und Meinung':
Eine Kleine Philosophie der Lüge.
Die Lüge im öffentlichen Raum und ihre Folgen.

 

Das Buch öffnet die Augen für das, was wichtig ist im Leben.
"Wenn wir Neues schaffen wollen, müssen wir uns von dem bloß passiv-betrachtenden Denken, dem Zukunft fremd ist, lösen. Wir müssen den Willen zum Verändern der Welt,in der wir leben aufbringen und den Mut haben, unser Wissen und Denken auf die noch ungewordene Zukunft ausrichten."
(aus: GUTES LEBEN, S. 330)

 

Spannender histori-scher, biografischer Roman über Olympe de Gouges: Warum nicht die Wahrheit sagen.

»Ich bin eine Frau. Ich fürchte den Tod und eure Marter. Aber ich habe kein Schuld-bekenntnis zu machen. Ist nicht die Meinungs-freiheit dem Menschen als wertvollstes Erbe geweiht?«

So verteidigte sich Olympe de Gouges vor dem Revolutionstribunal in Paris. Eine kompromisslose Humanistin, eine sinnliche, lebenslustigeund mutige 

Frau, die der Wahrheit unter Lebensgefahr zum Recht verhelfen will und als erste Frau in der Geschich-te  auch für das weibliche Geschlecht die Bürger-rechte einfordert. Die Zeit vor und während der Französischen Revolution gewinnt in dieser historisch-authentischen Gestalt Lebendigkeit und atmosphärische Dichte.


Unteres Bild:
Ehrung von Olympe de Gouges bei der Eröffnungsfeier der olympischen Spiele in Paris 2024.

Piano Grande
Ein Roman über die Liebe in Zeiten der Krise.

Der Roman Piano Grande

zeichnet ein eindringliches Porträt des ersten Jahr-zehnt dieses Jahrhunderts, in dem die Finanz- und Wirtschaftskrise die Welt an den Rand des Abgrunds brachte.

Der Roman wirft auf dem Hintergrund einer großen Liebesgeschichte "einen sezierenden Blick auf die Gesellschaft und ihre Eliten..., die die Welt im Jahr 2008 in eine wirtschaftliche Kata-strophe geführt haben ..." (Wetterauer Zeitung)

 

Als vertiefende Ergänzung zu dieser Wirtschafts- und Finanzkrise empfehle ich Ihnen meinen Essay: Demokratischer Marktsozialismus. Ansätze zu einer bedürnisorientierten sozialen Ökonomie.

 

(Käthe Kollwitz)

 

Was ist das für ein demo-kratisches System, das unfähig ist, den Mord-versuch vom 6. Januar 2021 an ihrer Demokratie zu ahnden?

Unter Nice-to-now habe ich für Sie Ausschnitte aus der Rede von Trump zur Wahl und den Sturm auf das Kapitol zusammen-gestellt.

 

Besuchen Sie auch meine Autorenseite Henning Schramm  auf Facebook. Ich würde mich freuen, wenn sie Ihnen gefällt.

 

Ich möchte mich auch über das rege Interesse an meiner Homepage mit über 440.000

Besucherinnen und Besuchern bedanken.

Rechtsradikalismus in Deutschland:
Björn Höcke und die AfD

Von Henning Schramm

 

"Seit der Wiedervereinigung gehen mehr als 200 Morde auf das Konto von rechtsextremen Gewalttätern", so Esken und Walter-Bohrjahn, die beiden SPD-Vorsitzenden im Jahr 2019. Darin eingeschlossen sind die zehn rassistisch motivierten Morde, fünfzehn Raubüberfälle und zwei Sprengstoffanschläge des National-Sozialistischen Untergrunds“(NSU) zwischen 1999 und 2007, die in besonderem Maße nochmals die Relevanz rechtsterroristischer Aktivitäten und Strukturen verdeutlicht haben.

Nach der gängigen Definition ist Rechtsextremismus gekennzeichnet durch: über-steigerten, aggressiven Nationalismus, Beschwörung äußerer Bedrohung, Negierung der universellen Freiheits- und Gleichheitsrechte der Menschen, tendenzielle Gegnerschaft zu parlamentarisch-pluralistischen Systemen, gesellschaftliches Leitbild einer ethnisch homogenen Volksgemeinschaft mit einem Führer, Staat mit militärischen Ordnungsprinzipien.

Gemäß des Verfassungsschutzberichts von 2019 werden in Deutschland 32.000 Menschen dem rechtsextremen Spektrum zugerechnet, mit steigender Tendenz. 13.000 Rechtsextreme sind gewaltbereit.
Innenminister Seehofer hat Rechtsextremismus, Antisemitismus  und Rassismus als "die größte Bedrohung für die Sicherheit Deutschlands" bezeichnet. Zahlen von 2016 zeigen, dass Amts- und Mandatsträger, wozu beispielsweise Bundespolitiker, Mitglieder der Landesregierungen und Kommunalpolitiker gehören, im Jahr 2015 755-mal Opfer von rechtsmotivierten Übergriffen wurden. Höhepunkt war in diesem Zusammenhang  dann der Mord  an dem Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke am 2. Juni 2019.

Aber nicht nur die rechten Gewalttaten und der organisierte Rechtsextremismus wie die AfD  sind eine Gefahr. Das Spektrum rechten Gedankenguts und rechter Gesinnung breitet sich immer mehr zur politischen Mitte hin aus, wie das unter anderem der Lübcke-Gerichtsprozess gegen den Hauptangeklagten Stephan Ernst gezeigt hat. Zeugen aus dem Kollegenumfeld der Kasseler Firma, in der Ernst beschäftigt war, charakterisierten Ernst vor Gericht als politisch interessierten Menschen. Er sei aber kein Rechter gewesen! Die Kollegen teilten viele von Ernsts Überzeugung und es habe sie nicht beunruhigt, wenn er davon sprach, dass man "Volksverräter" an die Wand stellen und Migrant:innen in ein Flugzeug setzen solle, um sie über dem Mittelmeer rauszuwerfen. Sie seien AfD-Anhänger und hätten Ernst auf eine Kagida-Demonstration begleitet  Diese Kollegen bezeichneten sich als Mitte-Rechts! - Ist das unsere zukünftige neue Mitte?

31% der Bevölkerung sind nach einer Untersuchung der Bertelsmann Stiftung von 2018 der Meinung, dass die Demokratie nicht die beste Staatsform sei. In Thüringen ist die AfD stärkste Kraft, in Sachsen hält sie 32% der Parlamentssitze (2019). Nach einer Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung ist mehr als die Hälfte der Menschen in Deutschland (53,4%) damit unzufrieden, wie die Demokratie in unserem Land funktioniert. In Ostdeutschland sind sogar knapp zwei Drittel der Menschen mit dem Funktionieren der Demokratie unzufrieden. Betrachtet man die Unterschicht/Arbeiterschicht, sind gar 70,1% der Befragten mit der Demokratie unzufrieden. Die Befunde der Friedrich-Ebertstiftung stammen aus dem Erhebungszeitraum vom 4. März bis 2. April 2019, also noch vor der Corona-Krise und dem Ukraine-Krieg und seinen ökonomischen Folgen. Die Zahlen dürften jetzt im Oktober 2022 noch höher liegen.

Das rechte Gefährdungspotenzial für die Demokratie frisst sich immer tiefer in die Gesellschaft in die Mitte der Gesellschaft hinein und das Vertrauen in die Demokratie ist, angeheizt durch die Corona-Krise, den Ukraine-Krieg und die damit einhergehende die Energiekrise und  hohe Inflation, weiter gesunken. Themen wie Rassismus, Antifeminismus, Hass auf Muslime und Ausländerfeindlichkeit, werden in krisenhaften Zeiten wieder nach oben gespült. „53% der Befragten sehen Deutschland zumindest teilweise durch die vielen Ausländer in gefährlichem Maß überfremdet,“ so die „Leipziger Autoritarismus-Studie“ vom Frühjahr 2022. Rechtsextremen bietet sich mit diesen Themen heute viele Möglichkeiten, in der Mitte der Gesellschaft Anschluss zu finden. „Der Anstieg dieser Haltungen zeige,“ so die Studie weiter, „eine Verschiebung der Motive antidemokratischer Einstellungen an, nicht eine Stärkung der Demokratie.“ Nur zwei Drittel der Befragten sind mit der konkreten Funktionsweise der Demokratie zufrieden, und drei Viertel fühlen sich von der demokratischen Mitbestimmung ausgeschlossen („Leute wie ich haben sowieso keinen Einfluss darauf, was die Regierung tut.“). Die Bedrohung für die Demokratie bleibt hoch, weil solche Einstellungen und Haltungen Brücken für extrem rechte Akteure bieten, auf diese Gruppen einzuwirken, sie zu radikalisieren und die antidemokratischen Haltungen in diesen Gruppierungen, die sich zum Teil der Mitte der Gesellschaft zugehörig fühlen, zu stärken und an sich zu binden.

Wie erfolgreich diese Strategie der Rechtsextremen ist,  zeigt sich unter anderem darin, dass die AfD, die auf diese unzufriedenen und verunsicherten Protestwähler abzielt, entsprechend in der Wählergunst gestiegen ist.
Im Bund würden laut Infratest Dimap im Oktober 2022 15% die AfD wählen. Das sind zwei Prozentpunkte mehr als noch im Vormonat. Die Zahl der Menschen, die angeben, die AfD niemals zu wählen, sank laut Meinungsforschungsinstitut ‚Insa‘ im Oktober 2022 auf 62%. Ein Jahr zuvor lag dieser Wert noch bei 70%. 24% der Bevölkerung schätzten nach einer Umfrage im Oktober 2022 die AfD nicht als rechtsextreme Partei ein. Das rechte Gedankengut der AfD ist also  auf dem Vormarsch. Folgt man diesen Zahlen, so scheint sich die AfD langsam auch im bürgerlichen Milieu rechts der CDU einzunisten. AfD-Gedankengut scheint rechts des bürgerlichen Rands salonfähig zu werden und die Demokratie von den Rändern her auszuhöhlen.

Die Demokratie stützt sich auf ein im Großen und Ganzen unhinterfragt akzeptiertes, allgegenwärtiges System von Überzeugungen, dass der Staat gerecht und fair ist, dass er seine Bürgerinnen und Bürger gleich behandelt und sich bemüht, eine möglichst gerechte Verteilung der Güter  herzustellen und den Menschen ein Leben ermöglicht, in dem sie unter Berücksichtigung der Interessen anderer ihr Leben frei gestalten können. Sie vertrauen darauf, dass der Staat und das demokratische System insgesamt so funktioniert, dass ihnen entsprechende Ressourcen für ein guten Lebens zur Verfügung gestellt werden.[1]
Dieses Vertrauen wie auch die Kompromissfähigkeit, das Kapital der Demokratie, scheint im Schwinden begriffen zu sein – und die AfD, allen voran der Faschist Björn Höcke, ist bemüht, den Vertrauensverlust weiter zu schüren und für sich zu nutzen, sowie Kompromissfähigkeit als Schwäche der Demokratie anzuprangern. Und sein Gesinnungsgenosse Götz Kubitschek stößt in das gleiche Horn und fordert: Politik und Bürger müssen einander noch fremder werden. Höcke hofft auf die schockartig eintretende katastrophale Krise, sodass etwas anderes als ein Rechtsruck für die Wähler nicht mehr in Betracht käme. „Am Tag danach“ beginnt, so  Höcke, „der Kampf um die neue Ordnung“.

Obwohl nominell Chrupalla und Weidel die Parteiführung offiziell noch innehaben, hat sich Höcke innerhalb der Partei längst durchgesetzt und ist der wahre (noch heimliche) Parteichef dieser Partei. Auf dem Bundesparteitag 2022 gelang es ihm, 60% der Delegierten hinter sich zu scharen. Keiner seiner Gegner wurde in den Bundesvorstand gewählt, dort stehen nun zwei Drittel der Mitglieder hinter Höcke und seinen politischen Ansichten. Auch im Bundesschiedsgericht, deren Mitglieder künftig mitbestimmen, ob jemand wegen Extremismusvorwürfen ausgeschlossen werden soll oder nicht, sitzen seine Vertrauten. Björn Höcke hat die Fäden der Partei in der Hand. Es lohnt sich also, sich mit diesem Faschisten näher auseinanderzusetzen, der nur darauf lauert, bis zu den nächsten Bundestagswahlen die Führerschaft in der Partei auch offiziell selbst zu übernehmen.
Was macht er? Was will er?
Obwohl er bemüht ist, seinem Sprachstil etwas von der rechtsextremen Schärfe zu nehmen und nicht allzu offensichtlich als Nazi in Erscheinung zu treten, um im bürgerlichen Lager punkten zu können, zeigt seine Sprache immer noch deutlich alle Kriterien des Faschismus. Dieser  ist definiert durch totalitäre Strukturmerkmale und ein System von Vorstellungen, Wertungen und Normen, durch ein Welt- und Gesellschaftsbild, das absolut gesetzt wird. Der Mensch ist nicht das Maß aller Dinge, sondern nur Mittel zum Erreichen eines übergeordneten, ideologischen Zwecks. Im  Namen dieses Zwecks werden von den Menschen Opfer und Leistung, Unterordnung aller persönlichen Ziele bis zur Hingabe des Lebens verlangt. Propagiert wird eine Trennung in ‚wir‘ und ‚sie’ und die Dehumanisierung der anderen, wie sie damals unter Hitler und auch heute wieder bei der AfD und anderen rechtsradikalen Gruppierungen in ihren Hassparolen auftaucht. Jeder Fremde ist ein Feind. Am Ende dieser Gedankenkette stehen die KZ-Lager.

Die faschistische Ideologie behauptet: Die Demokratie ist verzichtbar und dient nicht mehr dem Volk, sondern nur noch korrupten und korrumpierbaren Eliten. Wissenschaft, das Rechtssystem, Kultur und Medien sind nicht mehr vertrauenswürdig. Die ethnische Mehrheitsbevölkerung ist ‚Opfer‘ der Ideologie des Multikulturalismus und der Überfremdung durch importierte fremde Wertsysteme und durch Einwanderung fremder Ethnien. Die Nation kann ihren Bürgern keine Orientierung mehr geben und muss aufbauend auf traditionelle, dem Volk eigentümlichen Werten und zurückgreifend auf historisch verbrämte Mythen zur neuen nationalen Größe und ethnischen Volksgemeinschaft geführt werden.

Dies ist Höckes Ansinnen, auf die er seine Strategie ausrichtet, die er zur Zeit der AfD überstülpt. Für deren Umsetzung umgibt er sich mit entsprechenden Gefolgsleuten, wie zum Beispiel die rechtsradikale Christina Baum, die in den Bundesvorstand rückte, oder den 31-jährige AfD-Parlamentarier Hannes Gnauck, der im Oktober 2022 zum neuen Bundesvorsitzenden der Jugendorganisation ‚Junge Alternative‘ gewählt wurde und  vom MAD als „Extremist“ eingestuft wird, oder auch mit Martin Sellner, der Gallionsfigur der rechtsextremistischen „Identitären Bewegung“ und dem bereits erwähnten Vordenker der neuen Rechten Götz Kubitschek.

Nach Recherchen des Spiegel[2] hat Höcke bereits im Jahr 2015 mit seinen Getreuen einen „Zehn-Jahres-Plan“ für die AfD entwickelt. In drei Jahren, also 2025, soll er erfüllt sein. Die Extremisten um Höcke fühlen sich auf dem richtigen Weg und dem Ziel nahe. So kann sich Höcke am Tag der Deutschen Einheit am 3. Oktober 2022 auf einer Veranstaltung in Gera brüsten: „Gera ist heute der Anfang von etwas Neuem, wir sind die Ersten von morgen.“ Das Ziel ist ein anderer Staat unter Führung der AfD.
Wie will  Höcke und seine rechtsextremen Gefährten das Ziel erreichen?

Nimmt man die Aktionen und Rhetoriken der AfD und ihrer ihr nahestehenden Organisationen und Personen genauer unter die Lupe, zeichnet sich eine klare Strategie ab, die in dem erwähnten Spiegelartikel folgendermaßen zusammengefasst wird:

  • den Diskurs sowohl in der AfD als auch in der Gesellschaft nach rechts verschieben;
  • den Verfassungsschutz so weit diskreditieren, dass er den AfDlern keine Angst mehr macht und sie nicht massenhaft austreten;
  • einflussreiche Gegner aus der AfD zu vertreiben oder auf die eigene Seite zuziehen;
  • neue Mitglieder zu werben, die den Kurs stützen und Mehrheiten sichern;
  • das Vorfeld stärken, also die ideologisch nahen Organisationen und Medien, auch durch Querfinanzierung;
  • die anderen Parteien vorführen“ (wie das bei der Wahl des FDP-Mannes Thomas Kemmerich zum Ministerpräsidenten von Thüringen praktiziert wurde)

Entsprechend dieser Strategie ist das rhetorische Gebaren von Höcke und der AfD. Höcke spricht von „kulturfremden Menschen“ und von „Remigration“. Er und die AfD behaupten, die Flüchtlingskrise führe zur „Umvolkung“, “sozialem Abstieg“, „Kontrollverlust“ und „Verlust von Selbstbestimmung“; die Pandemie und Corona-Krise “entmündige“ das Volk und „beraube es ihrer Freiheit“; die Inflationskrise im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg, werde von den Eliten „bewusst herbeigeführt“, um „die Bevölkerung zu verarmen.“ Höcke behauptet, Deutschland sei „eine Diktatur“. Er unterstellt der US-amerikanischen Regierung, Deutschland „den wirtschaftlichen Selbstmord“ befohlen zu haben. Er diffamiert das Regierungshandeln als  „Theateraufführung“ und das politische Parteiensystem als „erstarrten Parteienstaat“ und deren Repräsentanten als „Volksverräter“. Er behauptet, dass der Rechtsstaat und die Demokratie „von innen ausgehöhlt“ seien. Er versucht, sozial-ökonomische Konflikte in kulturelle zu überführen und den Deutungsrahmen für ökonomische und soziale Problemlagen neu zu justieren, indem er sie als Angriff der Eliten auf den deutschen Lebensstil interpretiert, der die kulturelle Identität der Deutschen zerstört. Er diskreditiert den Verfassungsschutz, indem er behauptet, „er schütze nicht die demokratische Grundordnung und die Bürger, sondern nur die Regierung“.

Mit diesem ersten Schritt auf Höckes Agenda wird die Bevölkerung mit Hilfe der Megathemen Energiepreise, Inflation, Corona, Krieg und Migration auf die kommende  Katastrophe eingestimmt und Angst geschürt. Der Vertreter des rechtsextremen Flügels, Harald Weyel, dank Höcke Mitglied des Bundesvorstands, sagte laut Spiegel[3] zu der Gaskrise, dass sie „hoffentlich“ schwerwiegend werde. Und ein Parteikollege antwortete, dass man „die AfD  nicht brauche, wenn’s nicht dramatisch wird.“ Diese infamen Sätze gelangten nur in die Öffentlichkeit, weil das Mikro offen war. Sie versinnbildlichen die Strategie und offenbaren das interne Gedankengut der AfD. Sie verdeutlichen, wie intern in der AfD diskutiert wird und die potenziellen Wähler hintergangen  werden sollen. Alarmismus ist bei der AfD Pflicht. Diese Pflicht erfüllt neben Höcke auch Chrupalla, wenn er sagt: „Wir sind nicht mehr fünf vor zwölf vor dem Dritten Weltkrieg, wir sind nur noch eine Minute vor zwölf vor dem Dritten Weltkrieg.“

Im zweiten Schritt generieren sich die autokratisch-faschistischen Bewegungen allgemein und die AfD im Besonderen  als die wahren Fürsprecher und Verteidiger des Volkes Meinung, die von der herrschenden Politik und ihrer Eliten unterdrückt wird. So nimmt Höcke für sich in Anspruch, dass „nur er und seine Parteikollegen für das Volk sprechen würden“. Diese Phase ist nach dem Selbstverständnis der Führer der AfD zur Zeit erreicht.

Im dritten strategischen Schritt, den Höcke in drei Jahren erreicht haben will und ein anderer Staat in Reichweite ist, bietet er sich und die AfD als Retter aus der Not an. Wie bei allen autokratisch-faschistischen Bewegungen und Staaten in der Welt schwingt sich entsprechend dieses Musters die neue populistische oder faschistische Elite zum Meinungsträger und Führer auf, die – allein im Besitz der Wahrheit –  verspricht, die verängstigten Menschen aus der Krise zu führen und von Ängsten zu befreien.

Die Demokraten haben schon einmal einen kleinen Gefreiten unterschätzt. Wir sollten die autokratisch-faschistischen Anzeichen in unserer Gesellschaft ernst nehmen und aus der Vergangenheit lernen. Die Demokraten sind aufgerufen, sich  den simplen Denkmustern des autokratischen Populismus, der Despotie und Faschismus entgegenstellen, die weitgehend die Komplexität der Realität und Entscheidungsfindung ignorieren und suggerieren, dass es für komplexe Probleme einfache, leicht verständliche Lösungen gäbe. Erinnert sei in diesem Zusammenhang auch an Hitler, der 1936 seine Popularität so erklärte: »Nun, ich will Ihnen verraten, was mich in meine Stellung hinaufgetragen hat. Unsere Probleme erschienen kompliziert. Das deutsche Volk konnte nichts mit ihnen anfangen … Ich dagegen habe die Probleme vereinfacht und sie auf die einfachste Formel gebracht. Die Masse erkannte dies und folgte mir.« Der autokratisch-despotische Populismus, der rassistische Nationalismus und Faschismus, wie ihn Höcke und die AfD vertreten, dampft jede komplexe Situation auf ein Ja oder Nein ein, wie das gerade die am populistischen Himmel aufleuchtende Faschistin Giorgia Meloni in Italien demonstriert ("Es gibt keine Zeit mehr für Kompromisse und Zugeständnisse. Nun ist die Zeit der Entscheidungen. Entweder heißt es JA oder NEIN."[4]  Populisten und Faschisten setzen der Unübersichtlichkeit der Weltverhältnisse nationale Größe entgegen und belügen die Menschen mit dem   „falschen Versprechen der Geborgenheit und Sicherheit in ethnisch, ökonomisch und kulturell geschlossenen Gesellschaften, die von gutwilligen Despoten vor angeblichen Bedrohungen von außen beschützt werden müssen.“[5]

In Demokratien stehen nicht rhetorische Begabung, Lautstärke und das Um-sich-werfen mit Sprach-Codes aus dem narzisstischen Repertoire, oder mit Begriffen aus dem Assoziationsraum der Ressentiments und des politischen Fanatismus à la AfD wie etwa das Skandieren von „Lügenpresse“, „Wir sind das Volk“, „Umvolkung“, „Unterdrückung“  oder  „Corona-Diktatur“ im Vordergrund, sondern der abwägende Verständigungsprozess über ein Problem, an dessen Ende eine kreative Lösung stehen sollte. Dazu gehört Verschiedenheiten anzuerkennen und gleichzeitig jene zu brandmarken, die offene, plurale Demokratie ablehnen, weil sie in einer Parallelwelt aus Ressentiment und fanatisierter politischer Ideologie leben, wie das große Teile der AfD, allen voran Höcke, demonstrieren. „Eine Demokratie muss unverhandelbare Grenzen markieren können, sie muss rationale Standards aus Gründen und Argumenten verlangen können. Sonst lässt sie diejenigen allein, die an sie glauben und die ihren Schutz brauchen … Es war verantwortungslos und feige, lange Zeit Hetzer nicht als das zu benennen, was sie sind.“ So Carolin Emcke in ihrem Essay: ‚Fanatiker sind’s‘.
   Auf der anderen Seite gehört zum gelingenden Diskurs in einer deliberativen Demokratie Toleranz, innere und äußere Freiheit, Vertrauen, Kompromissbereitschaft und Solidarität – im Sinne von Einsatz für ein Kollektiv, dem man verbunden ist. Diese Herzkammern der Demokratie zu stärken sind alle aufgerufen, die der Gefährdung der Demokratie in Deutschland, in  Europa und der Welt entgegentreten wollen. Eine Gefährdung, die sich schleichend in die Gedärme der Demokratie einzunisten droht und sie von innen vergiftet.

Dies alles gilt für Deutschland und gleichermaßen für die Demokratien in Europa, denen wir verpflichtet sind und für die wir im Rahmen der EU Verantwortung tragen.
«Wir alle sollten besorgt sein. Es droht ein neues, anderes Europa: finster und intolerant. Ich kann mir ein Europa vorstellen, das extrem intolerant wird und damit beginnt, Leute aus dem Land auszuweisen, die nicht einheimisch sind. Ein Europa, in dem an vielen Orten die Demokratie endet. Ich kann mir noch mehr Einparteienstaaten vorstellen, wie es ihn in Ungarn faktisch schon gibt. Die Techniken dafür sind jetzt bekannt. Die Russen machen es, die Türken, die Polen versuchen es. Ja, ich kann mir für die nächste Dekade das Ende der EU und der Nato vorstellen. Es wird ein anderes Europa sein – und es wird ein finsteres.
Wir haben noch nicht begriffen, dass wir jetzt gemeinsam kämpfen müssen, um unser politisches System zu retten.»[6]

Henning Schramm, im November 2022

 

[1] Siehe dazu auch meinen Essay „Ist die Demokratie noch zu retten“ in https://www.henningschramm.de/essays-und-meinung/ist-die-demokratie-noch-zu-retten/

[3] Der Spiegel, Nr. 41/8.10.2022, S.36

   [4] Der Spiegel Nr. 38, 17.9.2022, S. 96

[5] Stephan Hebel in der Frankfurter Rundschau vom 5. 10. 2022

[6] Die Pulitzer-Preisträgerin Anne Applebaum: «Ähnlich wie in den 1930er-Jahren»,    
     In: Tagesanzeiger vom 26.12.2016:
    

    


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