Am 18. Mai 1848 trat in Frankfurt zum ersten Mal die

deutsche Nationalver-sammlung zusammen.

Es war die Geburtsstunde der deutschen Demokratie. Sie überlebte nur etwas mehr als ein Jahr bis zur Kapitulation der Freiheitskämpfer in der badischen Festung Rastatt vor den preußischen Truppen am 23. Juli 1849.

1933 hat »der Nationalsozialismus in der Demokratie mit der Demokratie die Demokratie besiegt.« So Hitler im Originalton.

Heute im Jahr 2023 ist die Demokratie in Deutschland und vielen anderen Staaten der Welt wieder bedroht und von populistischen Ideologien durchsetzt oder hat sich bereits hin zu illiberalen, autokratisch-populistischen und faschistischen Staatsformen entwickelt. Es lohnt sich also, genauer hinzusehen und deren Charakteristika herauszu- arbeiten.

Es ist Zeit die Demokratie neu mit Leben zu füllen.

 

Leserempfehlung: DEMOKRATIE LEBEN!

"...Geradezu eine Pflichtlektüre für politische Bildung in der aktuellen Situation." (Herbert Kramm-Abendroth)

 

 

Das Buch öffnet die Augen für das, was wichtig ist im Leben.
"Wenn wir Neues schaffen wollen, müssen wir uns von dem bloß passiv-betrachtenden Denken, dem Zukunft fremd ist, lösen. Wir müssen den Willen zum Verändern der Welt,in der wir leben aufbringen und den Mut haben, unser Wissen und Denken auf die noch ungewordene Zukunft ausrichten."
(aus: GUTES LEBEN, S. 330)

 

Spannender histori-scher, biografischer Roman über Olympe de Gouges: Warum nicht die Wahrheit sagen.

»Ich bin eine Frau. Ich fürchte den Tod und eure Marter. Aber ich habe kein Schuld-bekenntnis zu machen. Ist nicht die Meinungs-freiheit dem Menschen als wertvollstes Erbe geweiht?«

So verteidigte sich Olympe de Gouges vor dem Revolutionstribunal in Paris. Eine kompromisslose Humanistin, eine sinnliche, lebenslustigeund mutige 

Frau, die der Wahrheit unter Lebensgefahr zum Recht verhelfen will und als erste Frau in der Geschich-te  auch für das weibliche Geschlecht die Bürger-rechte einfordert. Die Zeit vor und während der Französischen Revolution gewinnt in dieser historisch-authentischen Gestalt Lebendigkeit und atmosphärische Dichte.

 

Piano Grande
Ein Roman über die Liebe in Zeiten der Krise.

Der Roman Piano Grande

zeichnet ein eindringliches Porträt des ersten Jahr-zehnt dieses Jahrhunderts, in dem die Finanz- und Wirtschaftskrise die Welt an den Rand des Abgrunds brachte.

Der Roman wirft auf dem Hintergrund einer großen Liebesgeschichte "einen sezierenden Blick auf die Gesellschaft und ihre Eliten..., die die Welt im Jahr 2008 in eine wirtschaftliche Kata-strophe geführt haben ..." (Wetterauer Zeitung)

 

Als vertiefende Ergänzung zu dieser Wirtschafts- und Finanzkrise empfehle ich Ihnen meinen Essay: Demokratischer Marktsozialismus. Ansätze zu einer bedürnisorientierten sozialen Ökonomie.

 

(Käthe Kollwitz)

 

Was ist das für ein demo-kratisches System, das unfähig ist, den Mord-versuch vom 6. Januar 2021 an ihrer Demokratie zu ahnden?

Unter Nice-to-now habe ich für Sie Ausschnitte aus der Rede von Trump zur Wahl und den Sturm auf das Kapitol zusammen-gestellt.

 

Besuchen Sie auch meine Autorenseite Henning Schramm  auf Facebook. Ich würde mich freuen, wenn sie Ihnen gefällt.

 

Ich möchte mich auch über das rege Interesse an meiner Homepage mit über 400.000

Besucherinnen und Besuchern bedanken.

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Perspektiven für eine Sorgende Gesellschaft‘

Sorgelogik versus Profitlogik

 

 

Denken heißt Überschreiten. Dieser Satz von Ernst Bloch[i] zielt auf ein denkendes Überschreiten, bei dem »Vorhandenes nicht unterschlagen und nicht überschlagen wird … Wirkliches Überschreiten [geht] auch nie ins bloß Luftleere eines Vor-uns, bloß schwärmend, bloß abstrakt ausmalend. Sondern es begreift das Neue als eines, das im bewegten Vorhandensein vermittelt ist … es kennt und aktiviert die in der Geschichte angelegte, dialektisch verlaufende Tendenz[ii]

Sowohl der postulierende Kant als auch der dialektische Hegel beschäftigten sich mit der fertig-seiend gesetzten Form der Idee oder Substanz. Die Hoffnung mit ihrem positiven Korrelat der noch nicht abgeschlossenen Daseinsbestimmtheit trat demgegenüber in den Hintergrund. Sehnsucht, Erwartung, Hoffnung, die Intention auf noch ungewordene Möglichkeiten sind aber ein Grundzug des menschlichen Bewusstseins. Es steht, so Bloch, der Philosophie gut an, diese Aspekte stärker in den Fokus zu rücken: Philosophie als »Gewissen des Morgens, Parteilichkeit für die Zukunft, Wissen der Hoffnung.«[iii]

Wenn wir Neues schaffen wollen, müssen wir uns von dem bloß passiv-betrachtenden Denken, dem Zukunft fremd ist, lösen. Wir müssen den Willen zum Verändern der Welt, in der wir leben, aufbringen und den Mut haben, unser Wissen und Denken auf die noch ungewordene Zukunft auszurichten. Eine so begriffene utopische Hoffnung kann, wie ich zu zeigen versucht habe, ohne eine grundlegende Veränderung des Wirtschaftens und des Bewusstseins nicht real werden. Im bewussten Sein schwingt immer auch ein Noch-Nicht-Bewusstes-Sein, das entdeckt werden kann. Ein noch relativ Unbewusstes, das jedoch nicht etwas nach Rückwärtsgewandtes ist, das ins Bewusstsein geholt wird, (wie zum Beispiel in der Psychoanalyse Freuds die Vergangenheit als Nicht-Mehr-Bewusstem), sondern ein nach vorwärts gerichtetes Noch-Nicht-Gewordenes.

Das Zukunftsneue, das noch Ungewordene, verbirgt sich hinter der Frage: Wie will ich morgen leben? Es gilt also, die noch nicht gewordene Zukunft heute sichtbar zu machen und ihr denkend einen unabgeschlossenen Entstehungsraum zu öffnen, in dem sie sich entfalten kann und ein anderes Leben ermöglicht. In diesem Entstehungsraum verbinden sich Träume und Sehnsüchte nach einem guten, besseren Leben mit den realen Gegebenheiten zu einer dialektisch-materialistisch begriffenen Hoffnung. Ein ahnendes Wollen, das vor allem bei der Jugend, aber auch für Wende-, Umbruch- und Krisenzeiten charakteristisch ist. 

Nehmen wir als Beispiel die letzte, uns alle erschütternde Krise, die Corona-Krise. Was können wir aus ihr lernen? Was ist in der Krise als mögliches, zukünftiges Dasein zum Vorschein gekommen?

Die im Bewusstsein sich abzeichnenden Ablagerungen der Krise zeigen sich vor allem anderen darin, der Sorge um den Menschen eine hohe Priorität einzuräumen.

In jedem Jetzt, aber noch mehr in einer bewusst werdenden Krise, prallen Vergangenes und Zukünftiges in Form einer gleichzeitigen Ungleichzeitigkeit unversöhnlich aufeinander. Das eine ist noch da und kämpft um das Überleben; das andere ist noch nicht da, wird aber immer stärker im Bewusstsein wahrgenommen. Das war so im Übergang von der feudal agrarischen Gesellschaft zur Industrialisierung, beim Übergang von der Industrie- zur Dienstleistungsgesellschaft und ist auch heute wieder sichtbar im Übergang von der Dienstleistungs- zur möglichen Sorgegesellschaft des digitalen Zeitalters.

Das Verhalten der beiden US-amerikanischen Präsidentschaftskandidaten ist von großer Symbolik für die Jetzt-Zeit im Jahr 2020 und charakterisiert gewissermaßen das Aufeinanderprallen der alten und der möglichen neuen Zeit in Gestalt dieser Figuren der Zeitgeschichte. Der eine, Donald Trump, ist ein bösartiger Narzisst mit paranoider Einststellung, antisozialem Verhalten, ich-syntoner Aggressivität[1], bar jeder Ehrlichkeit, kalt und machtbesessen und von der eigenen Großartigkeit überzeugt. Er ist ein rücksichtsloser Kapitalist, ein Spalter und Rassist, der die ‚Black-Lives-Matter-Bewegung‘ mit Soldaten bekämpfen will. Er verkörpert in seiner Person in kristalliner Form die alte noch existierende kapitalistisch-industrielle, egoistische und autoritäre Gesellschaftsordnung. Der andere, Joe Biden, ist die Antithese zu Trump. Ein Zweifler im Innern, einer, der das Gespräch sucht, der zuhört, der mitfühlend und empathisch ist, für den Wärme, Anstand und Verlässlichkeit charakteristisch sind, und der der ‚Black-Lives-Matter-Bewegung‘ seine Referenz erweist. Er verkörpert die mögliche zukünftige, soziale, demokratische und sorgende Gesellschaftsordnung. Es bleibt offen, welche Ordnung in Zukunft bestimmend sein wird.

Ich will in einer Art Gedankenexperiment versuchen, dies zukünftige Sein zu skizzieren. Wie müsste solch eine sorgende, solidarische Gesellschaft beschaffen sein? Wie würden wir in einer ‚sorgenden‘ Gesellschaft leben?

 

Wenn wir uns um eine Person Sorgen machen, dann sind wir besorgt um deren zukünftiges Wohlbefinden. Wir achten darauf, dass es ihr gut geht. Wir sorgen für sie, das heißt, wir pflegen sie, sind fürsorglich, wir machen uns Gedanken über sie und versuchen, uns in sie hineinzudenken, entwickeln Empathie. Wir nehmen ihr auch Sorgen ab und tragen ihre Sorgen. Eine sorgende Beziehung ist von Respekt und Achtsamkeit getragen, wie man sie häufig gerade in der Corona-Krise beobachten konnte, und nicht von Unter- oder Überordnung, wie das zum Beispiel in dem Begriff dienen, der zum Vokabular feudaler Staaten gehört, zum Ausdruck kommt. Man dient jemandem nicht aus freien Stücken, sondern weil man es muss, oder es von einem erwartet wird (oder gegen Bezahlung, wie in der Dienstleistungsgesellschaft). Einen Diener macht man aus Unterwürfigkeit. Eine dienende Beziehung ist im Gegensatz zur sorgenden asymmetrisch geprägt. Der eine ist dem anderen zu Diensten, also untergeordnet.

Eine sorgende Gesellschaft besteht dagegen aus gleichberechtigten, sich gegenseitig respektierenden Menschen. Ihre Praxis ist ausgerichtet an den Bedürfnissen der Menschen und zentriert auf sorgende Tätigkeiten, die nicht nur Grundlage des menschlichen, sondern jeglichen Lebens sind. Eine sorgende Gesellschaft wendet die Logik des Lebenserhaltens und -entfaltens auch auf die uns umgebenden Natur an. [iv]  Systemrelevant sind in der sorgenden Gesellschaft alle Tätigkeiten, die dieser Logik folgen, also auch der Zustand der Natur, deren Erhaltung erst ein gerechtes, zukunftsfähiges Leben auf unserer Erde für alle ermöglicht. In das Zentrum des gesellschaftlichen Diskurses würde dieser Logik folgend unter anderem die Frage des Wirtschaftens, die ökonomische Ordnung rücken: Welche Betriebe und Branchen brauchen wir in erster Linie, welche sind nutzlos oder gar schädlich für die Gesellschaft? Welche neuen Unternehmen, Unternehmensziele und Arbeitsorganisationen bieten sich an? Ins Blickfeld würde ein Recht auf Arbeit an vernünftigen, bedürfnisorientierten Produkten rücken, um Probleme der Menschen zu beseitigen, statt sie zu erzeugen.

Im Zuge einer demokratischen Konversion der Unternehmenskultur würde der profitorientierte Wildwuchs von Unternehmen und Produkten zugunsten von sorgenden, zukunftsträchtigen und nachhaltigen Unternehmenstätigkeiten und -zielen eingedämmt werden. Unternehmerisches Handeln würde sich in sorgenden Gesellschaften nicht mehr an Profitsteigerung, an der Logik des maximalen Profits, sondern an der Sorgelogik orientieren. Manche Produkte würden aus den Regalen, manche Dienstleistungen aus dem Angebot verschwinden. Neue Angebote, die dazu da sind, Leben zu erhalten, zu verbessern und zur Entfaltung zu bringen, würden wachsen (…und die Corona-Erschütterung hat uns auch da zur Genüge vor Augen geführt, was das für Produkte und Dienstleistungen sein können). Alle Entscheidungen und Projekte würden auf Zukunftsfähigkeit und Gemeinwohlrelevanz geprüft werden. Das Zeitmanagement relevanter Tätigkeitsbereiche entlang des bereits diskutierten (vgl. Kapitel 2) Index des guten Lebens (IGL), der das Verhältnis zwischen materiellem Wohlstand und Wohlbefinden definiert, würde neu geordnet werden, wobei sich als Quellen eines guten Lebens neben dem Bestreben nach materieller Absicherung und Gesundheit folgende vier Felder definieren lassen würden: Zeit für selbstbestimmte Arbeit; Muße und Bildung; soziale Beziehungen; Teilhabe am öffentlichen Leben. Eine sorgende Gesellschaftsordnung würde so in Abkehr von der Logik der Überproduktion und der kapitalistischen Doktrin der Profitmaximierung eine Verkürzung der Erwerbsarbeit und eine Verschiebung der Zeitachsen zugunsten der genannten Felder ermöglichen und zu einem neuen Zeitwohlstand führen. Ein Wohlstand der Zeit, in der wir Zeit für unsere ureigensten Bedürfnisse haben und sie leben könnten – für sich selbst und das Miteinander in der Gemeinschaft, in der sich der Mensch erkennt, Erkenntnis und Bewusstsein entwickelt. »Nur der Mitmensch kann mir sagen: Auch ich bin wirklich! auch ich bin!«, sagte einmal Gerhart Hauptmann und betont damit nochmals eindrücklich den sozialen Charakter des Menschen, der in dem diskutierten Ansatz einer sorgenden Gesellschaft, in der Nichtregierungsorganisationen, gemeinnützige Vereine, Bürgerinitiativen, ökologische, wissenschaftliche und kulturelle Körperschaften eine hohe Wertigkeit einnehmen werden, zum Ausdruck gebracht wird.

Der Bauplan des sozialen Lebens in einer Sorgegesellschaft besteht aus zwei bereits früher angesprochenen wesentlichen Elementen:

Zum einen Ermöglichung individueller Orientierungen und Lebensentwürfe. Zum anderen Ausbildung und Bereitstellung säkularer Strukturen und Wertsysteme, die das Bedürfnis nach sozialen Beziehungen und nach gemeinschaftlichem Erleben befriedigen.

Bloch spricht in diesem Zusammenhang von »personreicher, vielstimmiger Solidarität«, von einem klassenlosen Kollektiv, das aus den Individuen, befreit von kapitalistischen Abhängigkeitsstrukturen und Bevormundung, selbst entspringt.[v] Eine Gemeinschaft, nicht mit dem Gesicht einer Herde oder einer Masse, sondern geprägt »von intersubjektiver Solidarität, als vielstimmige Richtungseinheit der Willen, die von gleichem human-konkretem Zielinhalt erfüllt sind.«[vi]

Der Mensch steht in der Sorgegesellschaft im Mittelpunkt des sozialen und staatlichen Geschehens. Wir haben die Macht, die Welt zu zerstören – oder sie lebenswert zu machen. Da dies so ist, müssen wir uns persönlich auch der Verantwortung für die weitere Entwicklung stellen und dürfen sie nicht an eine höhere Macht abtreten, die uns, so die trügerische Hoffnung, schon lenken und alles zum Guten wenden wird. Das war und ist die Botschaft der Aufklärung. Jeder einzelne Mensch ist für das Ganze verantwortlich. Was wir tun, müssen wir unter Berücksichtigung dieser Verantwortung tun.

.........

[1] Dies ist eine von dem amerikanischen Psychoanalytiker Otto Kernberg beschriebene Aggression, die man nicht in Frage stellt, und den eigenen Anteil daran nicht erkennt.

 

[i] Ernst Bloch, Das Prinzip Hoffnung. 3 Bände, Frankfurt 1973

[iv] Vgl. hierzu und zu den folgenden Überlegungen einer sorgenden Gesellschaft auch den Artikel von Nidda Inkermann/Jonas
[v]
Ernst Bloch, a.a.O. Band 3, S. 1137

[vi] Ernst Bloch, a.a.O. Band 3, S. 1139

 


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